Wieviel Federweg nutzen wir eigentlich?

nineT-mile

Ich rede von dämpfen, nicht von überdämpfen

Und ist eine 110er Feder für meinen Einsatz zu schwach? Weiss ich nicht, widerspricht den gängigen Empfehlungen. Wenn ich aber mit einer 140er Feder bei deftigem Einsatz (Speedbumper mit überhöhter Geschwindigkeit, sackartig auf dem Sattel sitzend und mit maximal offenen Dämpfungen) gerade mal einen Bruchteil des möglichen Federweges nutzt frage ich mich, wozu man da so viel Federweg spazieren fährt?

Mit der 110er Feder und völlig offenen Dämpfungen habe ich trotz übler Provokation max. 80 von 120 mm Positiv-Federweg rausquetschen können. Feder zu weich??

Und zum "ach so schweren Kardan-Hinterbau" der Boxer hast Du nix geschrieben. Ich weiss ja nicht, was ein Ketten-Hinterbau (mit Rad) normalerweise wiegt, aber der Riemen-Hinterbau meiner F800 mit Gußfelge hängt schwerer an der Waage als der Kardan mit Kreuzspeichen-Rad meiner NineT

Du hattest auch irgendwo geschrieben, daß das Wilbers 640 (Druckstufe nicht einstellbar) die gleiche Druckstufendämpfung aufweist wir das 642 bei völlig offenen Einstelungen. Auch das ziehe ich mittlerweile in Zweifel: Bei ziemlich allen ausgelieferten 642 empfiehlt Wilbers eine Einstellung ziemlich in der Mitte zwischen offen und geschlossen. Es würde mich doch sehr wundern, wenn das fest intern "eingestellte" 640 dann einen völlig anderen Wert hätte als eben so ziemlich die Mitte des Einstellbereiches des 642

Leider sind alle Hersteller mit Dämpungskennlinien ziemlich geizig, so lässt sich's aber leichter fabulieren.

nineT-mile

Zitat von der_fla

mit zähem Öl im Dämpfer kann man auch ganz auf eine Feder verzichten

Aber nur genau 1x. Oder wie soll dadurch das einmal eingesackte Heck wieder hochkommen?

Dann doch besser das Stück T-Träger

Vegg

Was Du nicht außer acht lassen darfst, sind die langsamen und länger andauernden Belastungen, zum Beispiel in Kurven oder Senken.

Kommt überraschend beides zusammen, habe ich auch schon bei recht unspektakulären Schräglagen mit eigentlich unkritischen Teilen aufgesetzt.

nineT-mile

@ Vegg: Völlig nachvollziehbar.

Dazu hab' ich ja selbst mit der 110er immer noch 40 mm Reserve wovon ich allerdings nur hoffen kann, daß die für so einen Fall ausreichen.

Wenn ich aber in voller Schräglage über solche Bumper brettere, wie ich es zum erreichen der 80 mm getan habe, dann dürfte ein Anschlagen des Dämpfers vermutlich meine geringste Sorge sein

Vegg

Du denkst zu kurz

Gehe mal von einer Senke aus, welche sich über zehn oder mehr Meter zieht und dann flott mit erlaubten 100 km/h durch.

Vegg

Am besten einfach mal auf nem geraden, asphaltierten Feldweg vorsichtig rantasten.

Du wirst erstaunt sein wie schnell die Reserve aufgebraucht ist.

Rainer

Hallo Michael. Aus diesem Grund ist eine 110ner Feder für dein Federbein nach meiner Kenntnis auch gar nicht erlaubt bzw. freigegeben

Gruß

Rainer

nineT-mile

Das Thema hatten wir doch schon: Aus der ABE lässt sich derartiges nicht ableiten. Im normalen Straßenverkehr nutze ich maximal 50 der zur Verfügung stehenden 120 mm Federweg.

Und auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, weil es von einigen konsequent ignoriert wird:

Der Scrambler hat ab Werk eine 120er Feder für max. 100 mm positiven Federweg bei einer zulässigen Zuladung von 210 kg.

Ich habe eine 110er Feder (-8,33% Federhärte) für 120 mm positiven Federweg (+20% Federweg) bei einer maximalen Zuladung von 90 kg.

Ich fühle mich da jetzt nicht wirklich in Gefahr. Wenn meine Konfiguration riskant wäre, dann wäre die (offenbar so zugelassene) Werksausstattung Selbstmord

Rainer

In der ABE stehen Typ Nummern wohinter beim Hersteller die Federraten mit Federhärte, Federlänge usw. hinterlegt sein müssen. Das Du Dich nicht unsicher unterwegs fühlst glaub ich dir

doch. Ein Fahrzeughersteller wie BMW kann alles

ungeprüft in den Verkehr bringen, die Zubehör Hersteller dürfen das nicht, sondern müssen das prüfen lassen und in dem Fall die zulässigen Federraten hinterlegen

Gruß

Rainer

nineT-mile

Ich wiederhole nochmal mein Zitat aus der ABE aus Post'77:

2. Durchgeführte Prüfungen

2.2.2. Federwege und Federraten:

Die Federvorspannung kann so eingestellt werden, daß in allen Betriebszuständen bis zur zulässigen Radlast ein Restfederweg von 30% des Gesamtfederweges verbleibt.

That's it.

Vegg

Ich wollte gar nicht die von dir gewählte Federrate anzweifeln.

Ich hatte aber die ganze Zeit den Eindruck, dass Du noch mehr von deinen Federweg nutzen möchtest und dich wunderst, dass dir das im Alltag nicht gelingt.

der_fla

Zitat von nineT-mile

Aber nur genau 1x. Oder wie soll dadurch das einmal eingesackte Heck wieder hochkommen?

genau dafür wird dann noch eine Feder gebraucht.

ab Werk ist meines Wissens hinten an der nineT eine 160er** Feder eingebaut (passend zu der Federrate in der Gabel)

wer meint, mehr Federweg zu benötigen (auf der Straße?) kann das gerne mit einer weicheren Feder tun.

Konsequenz ist dann allerdings eine massive, sich ständig* ändernde Fahrwerksgeometrie - wer´s braucht

* bei jedem Anfahren und Bremsen sowie jeder dynamischen Belastung

** +/- 10% Abweichung halte ich noch für verträglich - mehr sicher nicht!

nineT-mile

Du hattest geschrieben "mit zähem Öl im Dämpfer kann man auch ganz auf eine Feder verzichten". Nun also doch nicht?

Wie gesagt, Scrambler ab Werk 120, nicht 160.

Mit der sich verändernden Geometrie: Das stimmt wohl. Musst Du nun den GS-Fahrern erklären, daß ihre Kisten nicht fahren können. (Ich rede immer noch von schlechten Landstraßen, nicht von Rennerfolgen).

Klar geht es um einen Kompromiss. Auf guten Strecken ist z.B. "Nickfestigkeit" sicher wichtiger, auf Holperstrecken eben Schluckvermögen.

Vegg : Ich will die fiesen Stöße von unten weghaben. Wenn das mit 50 mm gelingt, bin ich mit 50 mm vollauf zufrieden.

Daß für besondere Situationen eine Reserve sinnvoll und notwendig ist, leuchtet mir ein - von daher denke ich, daß die bisherigen 80/120 mm (auf normalen Strecken 50/120 mm) schon OK sind. Die 80 (statt 50) mm werden übrigens nur bei den zu schnell überfahrenen Bumpern aktiviert. Die kleinen, fiesen, steilen Rampen saugen nicht mehr als 50 mm aus dem Bein, und das auch nur beim Landen des Allerwertesten im Sattel, nachdem er diesen durch einen Stoß von unten vertikal verlassen hat. Das eigentliche Hindernis selbst saugt noch deutlich weniger.

Ich denke, daß die 110er Feder mir dabei hilft, dieses Ziel zu erreichen (ggf. unter Akzeptanz anderer Nachteile). Der Rest ist eine sinnvolle Auslegung der Dämpfung. Die ist zum Teil einstellbar, aber das Verhalten LowSpeed zu Highspeed nur recht bedingt. Ist leider überwiegend black box, da die Hersteller sich nicht auslassen.

ck1

Zitat von nineT-mile

Mit meinem Fahrwerk bin ich immer noch nicht so ganz zufrieden.
Trotz Öhlins und Wilbers (Bilstein war auch schon mal drin) kommt mir das Hinterrad immer mal wieder holprig vor, verliert den Bodenkontakt.....
Konstruktion, ungefederte Massen, Federhärte, Setup, Losbrech"moment" - genauer Losbrechkraft........??
Meine fast schon antike F800 aus 2006 mit ebenfalls nahezu linear angelenktem Serienbein bügelt Unebenheiten irgendwie erheblich geschmeidiger ab, ohne schwammig zu wirken. Dabei hat sie mit 140 mm am Heck ebensoviel Federweg wie mein Scrambler mit Serienbein, sogar 20 mm weniger als das Wilbers 642+15mm. Also doch die hohe ungedederte Masse des Kardan? Hat also z.B. eine R1200 R (ohne ESA) das gleiche Problem?
Oder stimmt was anderes nicht? Auch die im allgemeinen als eher "rennstreckentauglich abgestimmt" bezeichnete Streety RS bügelt gefühlt besser, mit stabilerem Bodenkontakt.
Für mich fühlt es sich so an, als würde das Heck auf Unebenheiten zunächst mal recht sensibel reagieren, aber nach eher kurzem Weg fast schon auf Block gehen. Schlaglöcher /Vertiefungen bereiten mir dabei eigentlich keine bis wenig Probleme, aber kurze Erhebungen im Asphalt scheinen immer noch irgendwie durchzuschlagen, egal mit welchem Bein und egal mit welchem Setup.
Um der Sache etwas weiter auf den Grund zu gehen, habe ich mal eine simple Vorrichtung gebaut, um den tasächlich genutzten Federweg während der Fahrt am Heck zu messen: Eine Stange am Hinterbau senkrecht nach oben, ein Flachstahl mit Loch unter dem Sattel, 2 Moosgummi-Ringe als Indikatoren, mehr brauchts dafür nicht.
Beim Einfedern des Hinterbaus bewegt sich die Stange durch das Loch im Flachstahl, die Moosgummi-Ringe "speichern" dabei die Maximalpositionen.
Entgegen dem bekannten Kabelbinder am Gabelrohr sogar das maximale Ausfedern.
Federweg-Indikator.jpg

Federweg-Indikator2.jpg
Federweg-Indikator3.jpg
Zuerst habe ich auf der Stange 3 Positionen mit Edding markiert: Maximal ausgefedert, Bike ohne Last und Bike mit Fahrer. Der aktuell eingestellte Negativ-Federweg beträgt 43/160 mm, zumindest mal nicht grob verkehrt.
Gefühlt wird der zur Verfügung stehende Federweg trotz 130er Feder (Scrambler mit Sachs 120er bei 140 mm, NineT mit Sachs 160er mit 120 mm)
nicht wirklich genutzt, um die Harten Spitzen abzufangen. Ob das aber so auch stimmt? Nebenbedingung: Ich habe einen 1Sitzer, kein Gepäck und bringe komplett ca. 90 kg auf den Sattel, wovon in normaler Sitzposition ca. 70 kg auf dem Hinterrad lasten.
Also eine erste Testrunde unter Extrembedingungen: Zug- und Druckstufen-Dämpfungen voll geöffnet Nur um zu sehen, ob die Feder bei geringstmöglicher Dämpfung an ihre Grenzen kommt und die gespürten harten Spitzen eventuell ein Anschlagen des Dämpfers an seiner Endposition signalisieren. Die Fuhre fühlt sich dabei schon merkwürdig an - so, als würde das Hinterrad in Kurven irgendwie verzögert hinterherkommen. Soll ja aber extrem sein, nicht schön Ein übles Nachwippen hätte ich zwar vermutet, konnte es aber nicht fühlen.
Teststrecke: Ca. 30 km meiner Lieblings-Holperstrecken: Flickenteppiche, einige kurze Aufwürfe im Asphalt (5-6 cm hoch, um die 10 cm lang - gibt's hier haufenweise), verschiedene Varianten von Speedbumpern, engere Kurven, Kreisverkehre, echt üble Bahnübergänge. Dabei ganz bewusst wie ein nasser Sack im Sattel geblieben, eben um die Feder maximal zu belasten. Dazu sei gesagt, daß viele Experten (u.a. Raisch, Bilstein, Wilbers) meinen, eine 130er Feder wäre da zu weich für mein Gewicht.
Ergebnis:
Federweg 130N - Dämpfungen voll geöffnet, Wilbers 642 mit 160 mm.jpg
Trotz völlig offener Dämpfung, extrem passivem, sackartigem Fahren, übler Strecken und offensivem Mitnehmen aller auffindbarer Unebenheiten bei verschiedenen Geschwindigkeiten kommt das Federbein beim Ausfedern nicht an den oberen Anschlag, auch wenn nur noch wenige mm übrig bleiben. Ist für eine komplett offene Zugstufe denke ich OK.
Beim Einfedern verbleiben sogar noch erhebliche Reserven: Nur 115 von 160 mm werden insgesamt genutzt, mehr konnte ich beim besten Willen nicht provozieren. Zieht man die 43 mm ab, welche die aufgesessene Ruheposition darstellen, werden für das Abfedern von Aufwürfen gar nur 72 mm genutzt - 118 mm könnten es sein - und das unter diesen Extrembedingungen Schon merkwürdig, stützt aber eben das Fahrempfinden.
Ausgehend davon, daß jede "normale" Einstellung der Dämpfung diesen Weg natürlich noch weiter reduzieren würde.
Erstes Fazit daraus: Für meinen Betriebsmodus "Solo auf oft schlechten Straßen ohne sportliche Ambitionen" ist die 130 N/mm Feder nicht zu weich, sondern zu hart. Sie bietet Reserven, die ich nicht brauche. Und ich werde wohl kaum sportlicher fahren, wenn das Hinterrad jetzt schon öfter mal den Bodenkontakt verliert - incl. kurzem Aufheulen des Motors.
Sollte es jemand auf's Wilbers schieben wollen: Auch wenn es gefühlt im Vergleich zum Neu-Zustand etwas nachgelassen hat, das Bilstein mit 140er Feder und erst Recht das Sachs mit 120er Feder (beide ca. 140 mm Federweg) waren da keinen Deut besser.
Es geht mir auch nicht um Bewertungen, sondern erst mal um Grundverständnis und Datensammlung mit Ziel Optimierung.
..to be continued.

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Herrlich ! Mit ganz einfachen Mitteln und etwas Hirn genau die richtigen Schlüsse gezogen.

Im Gegensatz zu Honda, die bei der Africa Twin, das Federbein für einen 6o kg Fahrer auslegen, werden die meisten Federbeine, auch nach intensiver Beratung von Zubehörlieferanten mit zu harter Feder bestückt. Wilbers wollte die Federbeinchen meiner XT auch deutlich härter bestücken. Ich bin meinen Messungen gefolgt, habe weicher bestellt und bin heute im Gegensatz zur R nine T auf der XT zufrieden.

Ich fahre mit rund 100 kg in voller Montur die Gabel mit minimaler Vorspannung Zug- und Druckstufe ganz offen. Das ist mir straff genug. Hinten muss ich noch mal messen. Bisher aber sehr hart mit wenig Bodenkontakt auf schlechten Strassen.

Grüße

Claus

subsonic01

Zitat von ck1

Herrlich ! Mit ganz einfachen Mitteln und etwas Hirn genau die richtigen Schlüsse gezogen.
Im Gegensatz zu Honda, die bei der Africa Twin, das Federbein für einen 6o kg Fahrer auslegen, werden die meisten Federbeine, auch nach intensiver Beratung von Zubehörlieferanten mit zu harter Feder bestückt.

Die Essmuskulatur eines Boxerfahrer ist ausgeprägter/besser trainiert als die eines Japaners. Daher die unterschiedliche Auslegung der Federbeine.

Rainer

Zitat von ck1

Herrlich ! Mit ganz einfachen Mitteln und etwas Hirn genau die richtigen Schlüsse gezogen.
Im Gegensatz zu Honda, die bei der Africa Twin, das Federbein für einen 6o kg Fahrer auslegen, werden die meisten Federbeine, auch nach intensiver Beratung von Zubehörlieferanten mit zu harter Feder bestückt. Wilbers wollte die Federbeinchen meiner XT auch deutlich härter bestücken. Ich bin meinen Messungen gefolgt, habe weicher bestellt und bin heute im Gegensatz zur R nine T auf der XT zufrieden.
Ich fahre mit rund 100 kg in voller Montur die Gabel mit minimaler Vorspannung Zug- und Druckstufe ganz offen. Das ist mir straff genug. Hinten muss ich noch mal messen. Bisher aber sehr hart mit wenig Bodenkontakt auf schlechten Strassen.
Grüße
Claus

Rainer

Hallo Claus. Nein das kann man so nicht pauschal sagen, denn der Hersteller muss auch garantieren , dass es auch bei maximaler Zuladung nicht auf Block geht. Das geht aber nicht, wenn man man eine 110 oder 120 Feder verbaut.

Gruß

Rainer

BMW R9T

www.classicbike-raisch.de

nineT-mile

Zitat von Rainer

denn der Hersteller muss auch garantieren , dass es auch bei maximaler Zuladung nicht auf Block geht.
Das geht aber nicht, wenn man man eine 110 oder 120 Feder verbaut.

Scherzkeks!

Und was garantiert dann BWM beim Scrambler mit seiner 120er Feder bei 140 mm Federweg?

Als Verkaufsprofi uns selbsternannter Fahrwerksspezialist (alle anderen sind ja Laien und haben bestenfalls Halbwissen) hast Du denke ich eine besondere Verantwortung, weil einige aufgrund Deines Status Deinen Worten mehr Gehör schenken als anderen. Das immer mal wieder durch Aussagen wie die obige zu missbrauchen, halte ich manchmal schon für fragwürdig. Es ist auch alles andere als hilfreich, ein auch nur grundlegendes Verständnis der Zusammenhänge zu erreichen.

Rainer

Selber Scherzkeks. Ein Fahrzeughersteller selber muss überhaupt nichts garantieren und wird von niemandem überprüft. Daher geht die Scrambler mit einer 120 iger Feder bei maximaler Zuladung und einer Bodenwelle ja auch auf Block. Diese Freiheiten hat der Zubehörhersteller nicht. Da kommt der TÜV, packt Sandsäcke auf das Motorrad und stellt dann fest, dass eine 120iger Feder nicht funktioniert.

Diesen Makel findet man bei etlichen Serienfahrwerken und nicht nur bei BMW

Gruß

Rainer