Die Neugier hat mich getrieben, weil an meiner R9T/2019 Classic am Rücklicht vom Motorsteuergerät nur 2 Adern ankommen - Masse und ein (1) "heißer" Draht - der sowohl das Rücklicht als auch das Bremslicht ansteuert. Normalerweise braucht man in der analogen Welt für so etwas 3 Adern: Masse, Rücklicht, Bremslicht.
Also habe ich mir mal die Mühe gemacht und gemessen, was vom Steuergerät am Rücklicht alles so an Signalen ankommt. Ich nutze übrigens den Heckumbau LOW mit dem Rücklicht "Stripe" von Wunderlich. Dies dürfte aber eher nebensächlich sein, denn das Signal ist immer dasselbe, egal welches (LED-) Rücklicht Verwendung findet. Ob sich im Folgenden beschriebener Sachverhalt auch auf Rücklichter ohne LED-Technik vermag ich nicht zu sagen.
Erstmal habe ich bei meinem Smartphone die Kamera aktiviert und den SLO (Slow Motion / Zeitlupe) Modus eingestellt. Dadurch kann man ein Flackern des Rücklichts im Display erkennen. Das lässt wiederum darauf schließen, dass das Rücklicht mit einer "Frequenz" angesteuert wird.
Diese Frequenz habe ich mir einmal mit einem mobilen Oszilloskop näher angesehen:
Hierbei ist schön zu erkennen, dass das Rücklicht mit einer Frequenz von ~100 Hz angesteuert wird, aber mit unterschiedlichen Pulsweiten.
Beim Bremsen erhält das Rücklicht übrigens die vollen, "ungepulsten" 12V von der Motorradbatterie und es erstrahlt in seiner maximalen Helligkeit. Das ist einfach. Beim Rücklicht ist das eben anders.
Da das Rücklicht also dauerhaft dunkler leuchten muss als das Bremslicht, erzeugt man den "Dimmeffekt" für das Rücklicht über eine sogenannte Pulsweitenmodulation. Das ist ein ideales Verfahren, um LEDs zu dimmen.
Auf den Bildern lässt sich sehr schön die Pulsweitenmodulation erkennen. Es wird hierbei im konkreten Fall also nichts anderes gemacht als die LEDs 100x pro Sekunde anzusteuern, sie aber davon jeweils nur rund 10% einzuschalten. Das erzeugt das oben genannte Flackern, was man mit einem Smartphone im Slow Motion Modus gut sichtbar machen kann. Das menschliche Auge ist zu träge, dieses Flackern zu erkennen. Es erkennt dafür aber dunklere LEDs.
Das ist auch schon das Geheimnis hinter der zweiadrigen Rücklichttechnik - ich meine aber, dass das allerdings erst ab den 2017er Modellen so funktioniert.
Warum nun auch noch eine Diode im Strang des Rücklichts verbaut ist, erschließt sich mir (noch) nicht, denn die Ansteuerung würde auch ohne diese Diode funktionieren. Ist die Diode allerdings defekt oder verpolt angeschlossen, funktioniert das gesamte Rücklicht nicht mehr, auch nicht das Bremslicht.
Die Vermutung liegt nahe, dass die Diode - richtig integriert bzw. angeschlossen - ggf. selbst eine Schutzfunktion bei Verpolung des Rücklichts übernimmt oder für die Erkennung etwaiger Defekte des Rück-/Bremslichtes durch das Steuergerät benötigt wird.