Erste Erfahrungen mit der BMW R nineT Scrambler Euro 5 vs Euro 4

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  • Liegt es im Rahmen des möglichen, das du mit den div. Fahrmodie nicht vertraut bist. Bei meinem Moped mit Ride Byte Wire, keine E5, merkt man deutliche Unterschiede bei den Fahrmodies.

    ich habe eine E4, also kein Fahrmodi, hatte aber am vergangen Sonntag eine Gelegenheit, E5, einen ganzen Tag zu fahren.

    Die Modi unterscheiden sich, aber Motorbremse ist immer vorhanden, etwas schwächer aber eben da.

    Malossimatz hat das geschrieben:

    "Leider fehlt dadurch beim Gaswegnehmen die direkte Motorbremse. glaub bis alle Signale vom Griff über Steuergerät zur Drosselklappe kommen sind gefühlte 10 sec. rum. Auch ist der Gasgriff sehr empfindlich, beim kleinsten Zuck reagiert er, hier fehlt mir das Spiel vom Bowdenzug. Man kann den Griff nie unter "Zug" halten."


    vg

  • Moin,

    Berichtigt mich bitte, wenn ich falsch liege, aber ich bin bis dato davon ausgegangen, dass es einen Boxer gerade auszeichnet, dass er wegen seines konstruktionsbedingten Massenausgleichs kaum Schwungmasse benötigt, bzw. besitzt. (Wie z.B. V2-Motoren) :/

    Gruß

    Guido

    Hallo Guido,

    Der Boxer hat Schwungmasse(=bewegte Masse). Diese bewegt sich aber (konstruktionsbedingt) so, dass sie weniger zu Vibrationen neigt, als z.B. ein V2 oder Parallel-Twin. (=Asphaltverdichter). Was der Boxer daher nicht (so sehr) benötigt sind Ausgleichswellen, oder sonstige Kinkerlitzchen zur Vibrationsminderung.

    Wenn ich das noch ein wenig genauer ausführen darf - vielleicht interessiert es ja jemanden und der Fred scheint im Moment eh grad Pause zu machen ...

    Das Vibrationsaufkommen beim Hubkolbenmotor wird bestimmt durch Massenkräfte und Massenmomente von jeweils erster und zweiter Ordnung. Erster Ordnung sind Vibrationen, die mit derselben Frequenz schwingen wie die Kurbelwelle dreht, zweiter Ordnung sind solche, die mit doppelter Kurbelwellenfrequenz schwingen. Andere gibt es nicht bzw. sind so gering, dass sie keine Rolle spielen.

    Die Amplituden der Massenkräfte zweiter Ordnung stehen zu den Amplituden der Massenkräfte erster Ordnung im gleichen Verhältnis, in dem der Kurbelradius zur Pleuellänge steht (Schubstangenverhältnis) - also irgendwas von 20 bis 35 Prozent (früher eher weniger, heutzutage eher mehr).

    Die Massenkräfte beider Ordnungen wachsen quadratisch mit der Kurbelwellendrehzahl, weswegen ein Ausgleich speziell bei hochdrehenden Sportmotoren angeraten ist.

    1. Zweizylinder-Boxermotor: Hier gleichen sich die Massenkräfte erster und zweiter Ordnung durch die gegengleiche Bewegung der Kolben vollständig aus. Allerdings gibt es durch den Versatz der beiden Kurbelwellenkröpfungen Massenmomente beider Ordnungen. Obwohl bei Boxermotoren (auch) aus diesem Grund auf ein Mittellager verzichtet wird, bedürfen die dadurch entstehenden Vibrationen ab einer gewissen Kolbengröße und Maximaldrehzahl trotzdem eines zusätzlichen Ausgleichs. Da es sich dabei um Drehschwingungen um eine feste Achse handelt, können diese durch zwei (möglichst lange) gegenläufige Wellen mit relativ geringen Unwuchtmassen ausgeglichen werden (diese können umso geringer ausfallen, je länger die Wellen sind).

    (Fortsetzung folgt)

  • Moin,

    meine ErFahrungen mit/auf einer RnineT Scrambler sind von gestern, also kalendarisch gesehen.

    Und diese haben mich neben den ganzen anderen Annehmlichkeiten der Euro5 Umstellung insbesondere von der begleitenden (ESD)Geräuschkulisse voll überzeugt, nachdem die Euro3 und Euro4 Krawallbrüder mich bisher stets vom Kauf zurückschrecken ließen.

    BlackStar

  • Hab für mich als optimalen Kompromiss den BMW Helm Race in Verbindung mit 22 dB-Stöpsel ausgemacht. Damit tönt die E5-Pure vom Fleck weg sehr rund (mechanisch leise) und trotzdem kernig.

    Zurück zu den Motoren:

    Der Boxer kommt dem optimalen Motorenkonzept unter vielen Gesichtspunkten also sehr nahe - insbesondere benötigt er tatsächlich kaum Schwungmasse und kann nicht zuletzt auf Grund seiner optimalen Zündwinkelabstände von 360°/360° auch mit sehr leichter Kurbelwelle relativ niedertourig gefahren werden.

    2. Klassischer oder echter V2-Motor: Auch und insbesondere dieser Zweizylinder kommt ohne Mittellager der Kurbelwelle aus. Dadurch, dass beide Pleuel direkt nebeneinander auf ein und demselben Hubzapfen sitzen, werden die Massenmomente auf ein Minimum reduziert (mit Gabelpleuel wären sie sogar null) und die Massenkräfte erster Ordnung auf eine Kreisbahn gelenkt, die einfach mittels Gegengewichten auf der Kurbelwelle ausgeglichen werden können. Trotz Überwuchtung ist diese Kurbelwelle somit vermutlich(!) etwas leichter als die des Boxers, die zwar ohne Überwuchtung auskommt, dafür aber zwei Kröpfungen besitzt. Der Vorteil der geringeren Massenmomente des V2 wird allerdings mit dem Nachteil der nicht ausgeglichenen Massenkräfte zweiter Ordnung (die linear senkrecht zur Kurbelwelle schwingen) und der ungleichmäßigeren Zündwinkelabstände von 270°/450° erkauft.

    (Fortsetzung folgt)

  • Die Fähigkeit, die Massenkräfte erster Ordnung auf eine echte Kreisbahn umzulenken, wo sie mit simpler Überwuchtung der Kurbelwelle ausgeglichen werden können, ist einzig dem klassischen V2 mit 90 Grad Zylinderwinkel vorbehalten, jeder andere V2 benötigt dafür eine doppelt gekröpfte Kurbelwelle (mit zwei Hubzapfen also) mit einem Hubzapfenversatzwinkel, der sich mit dem Doppelten des Zylinderwinkels auf 180 Grad ergänzt.

    3. Paralleltwin: Hier unterscheidet man zwischen dem a) Gleichläufer, dem b) Gegenläufer und dem c) 270°-Twin.

    • Gleichläufer: Von den reinen Massenkräften her das Schlimmste, was passieren kann. Verhält sich schwingungstechnisch wie ein Einzylindermotor und besitzt daher keinerlei natürlichen Ausgleich (wie der Boxer) und auch nicht die Fähigkeit, die linear oszillierenden Massenkräfte auf eine Kreisbahn umzulenken (wie der echte V2). Auf Grund des symmetrischen Aufbaus allerdings frei von jeglichen Massenmomenten. Ohne mindestens eine Ausgleichswelle heutzutage niemandem mehr zuzumuten.
    • Gegenläufer: Zwar gleichen sich hier die reinen Massenkräfte erster Ordnung vollständig aus, jedoch entstehen durch deren seitlich zueinander versetzte Angriffspunkte Massenmomente, die (ähnlich wie beim Boxer, nur viel heftiger wegen des größeren Hubzapfenabstands) den Motor in eine Drehschwingung versetzen. Eingekauft wird dieser "Pseudoausgleich" außerdem durch einen "Big Bang"-Effekt, da die Zündwinkelabstände von 180°/540° alles andere als gleichmäßig sind. Außerdem bleiben die Massenkräfte zweiter Ordnung vollkommen unbeeinflusst (also in voller Stärke erhalten).
    • 270°-Twin: Heutzutage die favorisierte Bauform der meisten Hersteller. Bietet in vielerlei Hinsicht einen Kompromiss aus beiden Welten und ist sogar frei von Massenkräften zweiter Ordnung. Die Massenkräfte erster Ordnung sind um etwa 30 Prozent reduziert, aber Massenmomente beider Ordnungen vorhanden. Von den Zündwinkelabständen her wie der klassische V2 und daher ähnlich im Klang; allerdings kaum ohne Ausgleichswelle(n) zu fahren. Der Paralleltwin mit dem besten Ausgleich zwischen kinetischer Energie der Kolben und Rotationsenergie der Kurbelwelle.
  • Kannst ja mal schauen, ob du die Informationen alle aus Wikipedia zusammentragen kannst.

    Viel spannender noch wäre die Herleitung der beiden Massenkräfte des Schubkurbelgetriebes, aber da würde ich vermutlich diejenigen Leser, die bis hierher durchgehalten haben, auch noch verlieren.

  • (...)

    Viel spannender noch wäre die Herleitung der beiden Massenkräfte des Schubkurbelgetriebes, aber da würde ich vermutlich diejenigen Leser, die bis hierher durchgehalten haben, auch noch verlieren.

    ... nöö, wirst du nicht. Mach ruhig weiter.

    „Auflehnung ist das heiligste aller Rechte und die notwendigste aller Pflichten.“

    -Marquis de la Fayette-

  • Das wird dann aber gezwungenermaßen mathematisch. Also nur für Leute interessant, die sich mit Oberstufenmathematik auskennen - also differenzieren können und die Tangentengleichung kennen.

  • wenn ich das verstehe, bekomme ich dann den "technischen Hochschulabschluß" mit entsprechender Urkunde und ohne Prüfung ?

  • Das war’s erstmal. Viel Spaß beim Studieren ... :freak

    Lieben Dank für den Exkurs! Um den Twin-Teil mit einem Beispiel zu untermalen: Vergleich F800 zur Nuda900.

    In beiden war der Parallel-Twin von Rotax verbaut. In der BMW als Gegenläufer, in der Husqvarna um 100ccm aufgebohrt als 270°. Das waren gefühlt komplett unterschiedliche Motoren. Bei der BMW recht vibrationsstark mit fettem Leistungsloch in der Mitte. Bei der Husqvarna nahezu vibrationsfrei mit fast linearem Drehmomentverlauf und viel mehr Kraft unten raus. Nebenbei war der Sound zum Niederknien. Wirklich schade, dass BMW diesen tollen Motor - übrigens eine Entwicklung von Ingenieuren des damals gerade aufgelösten Formel1-Teams - gegen den Chinesen getauscht hat.

    *** Das Leben ist zu kurz für schlechte Weine ***

  • Danke dir für diese Beispiele - fällt mir schwer, da rein zu grätschen. Die BMW hatte natürlich einen Gleichläufer (mit Wippschwengelausgleich:mega) und die Nuda eine 45°-Kurbelwelle, die einen HD-Klang erzeugt.

    Aber es stimmt schon, die Husqvarna Überarbeitung war viel zu schade, um sie einfach aufzugeben.

    Einmal editiert, zuletzt von Fetzi (21. April 2021 um 08:58)

  • Hier nun die Ausarbeitung. Vielleicht interessiert es ja den einen oder die andere.

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  • Danke für die Ausführungen. Wie teilt sich die Masse der Pleulstange auf? Die letzte Formel F(t)=... beschreibt die Massenkräfte infolge der translatorischen Bewegung. Die Pleulstange vollzieht jedoch in Teilen auch eine rotatorische Bewegung. Gibt es hierzu auch einen Ansatz?

    „Auflehnung ist das heiligste aller Rechte und die notwendigste aller Pflichten.“

    -Marquis de la Fayette-

  • Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, so kann man näherungsweise 2/3 der Pleuelmasse für die translatorische/oszillierende Bewegung ansetzen, 1/3 für den rotatorischen Anteil.

    Lang, lang ist's her :denk

    R nineT: Ich war einfach nicht in der Lage, ihr aus dem Wege zu geh'n!

  • Danke für die Ausführungen. Wie teilt sich die Masse der Pleulstange auf? Die letzte Formel F(t)=... beschreibt die Massenkräfte infolge der translatorischen Bewegung. Die Pleulstange vollzieht jedoch in Teilen auch eine rotatorische Bewegung. Gibt es hierzu auch einen Ansatz?

    Wie gut das ich mich da nicht drum kümmern muss und mich aufs fahren konzentrieren kann...:bier

    Aber ernsthaft: Ich finde es gut das es es Leute gibt die sich mit solchen Dingen beschäftigen, da unser Mopped ohne diese Dinge wohl nicht so gut fahren würde :thumbup::thumbup::thumbup:

    Gruß Andreas

    "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber zum Verbrechen"

    "Schlechtes Benehmen halten die Leute doch nur deswegen für eine Art Vorrecht, weil keiner ihnen aufs Maul haut.“ Klaus Kinski

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